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Achtung Überfall! Die überaktive Blase – und wie Sie sie zähmen

Eine echte Plage für die Betroffenen

Schnell, schnell suggeriert einem die überaktive BlaseKennen Sie das? Sie kommen nach Hause und noch bevor die Haustüre richtig in Sicht ist, überfällt Sie aus dem Nichts plötzlicher Harndrang. Es pressiert so sehr, dass Sie hektisch nach dem Schlüssel kramen, Mantel und Handtasche einfach fallen lassen, um noch rechtzeitig auf die Toilette zu kommen. Und dabei kann Ihre Blase noch nicht mal wirklich voll sein! Auch bei anderen Gelegenheiten tritt dieses Phänomen auf. Eine überaktive Blase ist lästig, peinlich und oft richtig quälend.

Sie sind nicht allein – auch wenn Sie das glauben sollten, da man über Blasenprobleme nicht gerne spricht. Wenn ich in meinen Kursen von diesen Symptomen berichte, dann begegnet mir verständnisvolles Nicken vieler Frauen. Die sogenannte „überaktive Blase“ mit dem Leitsymptom „imperativer Harndrang“ tritt bei bis zu 50 % aller Frauen in und nach den Wechseljahren zumindest in leichter Form auf. Auch Männer können  betroffen sein, meist im Zusammenhang mit Prostata-Problemen. „OAB“ für „Overactive Bladder“ ist ein Kürzel, das von Ärzten häufig notiert wird.

Die überaktive Blase lässt sich medikamentös mit Anticholinergika behandeln. Leider haben diese Mittel erhebliche Nebenwirkungen und empfehlen sich daher nur in schweren Fällen.

Selbst aktiv werden

Wenn es bei Ihnen „noch nicht so schlimm, aber sehr lästig“ ist, dann sollten Sie sich nicht mit dieser Einschränkung Ihrer Lebensqualität abfinden. Beginnen Sie gleich mit einer konzentrierten Verhaltenstherapie. Das Schöne daran: Sie können es selber tun. Kostet nichts und hat keine schädlichen Nebenwirkungen. Wenn Sie persönliche Anleitung bevorzugen, biete ich im Rahmen meiner Praxis in Einzelstunden eine Kombi-Therapie mit speziellen alternativen Heilweisen an. Wenn Sie Fragen dazu haben, rufen Sie mich an oder nehmen Sie per E-Mail Kontakt auf.

Eine überaktive Blase spricht gut auf Verhaltenstraining an

Wenn Sie bei jedem Harndrang sofort Richtung Toilette spurten und auch öfter mal „vorsichtshalber“ gehen, dann bestätigen Sie Ihrer Blase ständig, dass sie der Boss ist. Stellen Sie sich vor, Sie geben Ihrem Hund immer Leckerlis, wenn er danach verlangt und sogar ungefragt: Ihr Hund wird fett werden und Sie ständig nerven, dass er mehr will. Eine Umerziehung wird ihm und Ihnen gut tun, und für Ihre Blase gilt das gleiche – die wird zwar nicht fett, aber immer tyrannischer und das Blasenfüllvolumen nimmt durch die häufigen Toilettengänge ab, was die Symptome im Lauf der Zeit noch verschlimmert.

Ein Verhaltenstraining für die Blase bedeuted, dass Sie wieder der Boss werden. Dazu müssen Sie mit Ihrer Blase eine gute und zuverlässige Kommunikation aufbauen.

Wenn der Harndrang beim nach Hause kommen plötzlich stark wird, dann rennen Sie nicht sofort Richtung stilles Örtchen, sondern halten erst einmal inne. Jawohl, bleiben Sie stehen, auch wenn Sie fürchten, dass das in einer Katastrophe enden könnte und spannen Sie Ihren Beckenboden möglichst präzise an. Hilfreich ist es, das Gewicht auf ein Bein zu verlagern. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sich hinzusetzen, tun Sie das. Oder Sie gehen in Schrittstellung, bücken sich und hantieren an Ihrem vorderen Schuh. All das signalisiert Ihrer Blase, dass Sie nicht bereit sind, ihrem Willen sofort nachzugeben. Warten Sie, bis der Drang deutlich nachlässt – was tatsächlich sehr häufig der Fall sein wird.

Dann sprechen Sie mit Ihrer Blase, freundlich und direkt. Sie können zum Beispiel sagen: „Ja, ich weiß doch, dass du immer gleich willst, wenn wir nach Hause kommen, aber ich möchte in aller Ruhe meinen Schlüssel suchen, meinen Mantel und meine Tasche aufräumen. Dann gehen wir, ich verspreche es dir!“ Und genau das tun Sie dann auch, in aller Ruhe. Denn wenn Sie Glück haben, dann ist der Harndrang inzwischen wieder ganz verschwunden. Aber es ist schon ein Fortschritt, wenn er soweit nachlässt, dass Sie sich Zeit lassen können.

Wenn der Harndrang Sie mitten in einer Beschäftigung überfällt, dann sollten Sie ebenfalls nicht gleich nachgeben, sondern mit ihrer Blase einen Aufschub aushandeln. Sagen Sie ihr z.B. „Dieses E-Mail schreibe ich jetzt noch fertig, dann!“ Oder: „Diese Reihe Tassen (aus der Spülmaschine) räume ich noch in den Schrank, dann!“

Hier noch weitere wichtige Verhaltensregeln zum Thema „überaktive Blase“:

  • Koffein, Teein und Alkohol „treiben“ – ein Verzicht auf Kaffee, schwarzen und grünen Tee bringt oft Erleichterung.
  • Gehen Sie nicht vorbeugend zur Toilette (außer Sie verlassen für längere Zeit das Haus).
  • Versuchen Sie nicht, das Problem zu lösen, indem Sie fast nichts mehr trinken. Denn das verringert nur die – oft sowieso schon zu geringe – Blasenfüllung weiter und verschlimmert langfristig die überaktive Blase sogar.

Einen guten Anhaltspunkt, wann Sie tatsächlich zur Toilette gehen sollten, liefert Ihnen Ihre Urinmenge.

Dazu ist es hilfreich, ein sogenanntes „Miktionsprotokoll“ anzufertigen: Tragen Sie einen Tag lang in eine Liste alles ein, was Sie trinken und vor allem was wieder herauskommt. Für die Urinmenge stellen Sie sich einen Meßbecher bereit. Sollten Sie häufig Urinmengen kleiner als 100 – 150 ml feststellen, dann ist mehr trinken und öfter mal aushalten dringend anzuraten, um ihre überaktive Blase zu besserem Benehmen zu bringen. Notieren Sie auch in einer Spalte, wie stark der Harndrang jeweils war.

Drei Frauen beim TeetrinkenViel Erfolg bei der Zähmung Ihrer „Reizblase“! Beginnen Sie am besten gleich mit einem Miktionsprotokoll. Denn wenn Sie es in ein paar Wochen wiederholen, können Sie oft schon eine deutliche Verbesserung erkennen. Ihre überaktive Blase wird niemals völlig zahm werden, Sie werden gute und weniger gute Zeiten mit ihr erleben. Aber wenn Sie wieder der Boss sind, dann haben Sie Ihr selbstbestimmtes Leben zurück.

Da eine überaktive Blase selten allein kommt – das nennt sich dann „Mischinkontinenz“, sind auch die Empfehlungen zur Belastungsinkontinenz eine lohnende Lektüre.